Friedland im Jahr 1934: die 80 Jahre alte Orgel, von Ernst Sauer und seinem Sohn Wilhelm erbaut, spielt nicht mehr. Dabei hatte man sie bereits 1869 und 1872 überarbeitet, die Disposition, also die Auswahl an Stimmen, stammte gar von Carl Loewe aus Stettin. Man hatte Pfeifen aus dem Vorgängerinstrument übernommen, die seit knapp 200 Jahren in Gebrauch waren. Damals, im Sommer 1744, hatte man eine neue Orgel einweihen können. In einem Großbrand waren Stadt und Kirche vernichtet worden, sämtliche Ausstattungsgegenstände waren verbrannt, darunter auch die Orgel aus dem 17. Jahrhundert.
Der Zufall kommt der Gemeinde zu Hilfe: in Berlin soll in der Pauluskirche Zehlendorf ein neues Instrument erbaut werden, das alte steht im Weg und man weiß nicht, wohin damit.
Auch diese Orgel stammt aus der Sauer'schen Werkstatt, allerdings hat zur Zeit ihrer Erbauung, im Jahr 1905, längst Wilhelm die Geschäfte übernommen, ist ein gefeierter Orgelbauer mit über 900 erbauten Instrumenten an so berühmten Orten wie der Thomaskirche Leipzig, dem Berliner Dom oder der Jahrhunderthalle Breslau. Am Ende seines Lebens wird die Werkliste seines Schaffens fast 1.100 Instrumente verzeichnen.
Die Gemeinde in Berlin macht jener in Friedland ein Angebot: für 12.000 Reichsmark, umgerechnet etwa 45.000 Euro, soll das Instrument zu erwerben sein. Das ist nicht viel Geld für eine große Orgel, die gerade knapp 30 Jahre alt ist und noch dazu von Wilhelm Sauer stammt. Man willigt ein, und im gleichen Jahr wird die Orgel nach Friedland gebracht. Den Transport und Umbau übernimmt die Firma Walcker, die auch die neue Orgel in Berlin baut. Wilhelm Sauer hatte seine Werkstatt im Jahr 1910 an seinen langjährigen Mitarbeiter und Stellvertreter Paul Walcker verkauft.
In Friedland ist die Freude groß: in dem großen, barocken Prospekt befindet sich nun eine moderne Orgel. Nur – sie klingt nicht danach, wie sie aussieht. Sie klingt so, wie man sie 30 Jahre zuvor intoniert hat: romantisch, füllig, eben dem Zeitgeschmack entsprechend. Und der hat sich grundlegend gewandelt. Das neue Klangideal leitet sich von der Barockzeit ab, jener Epoche, in der Musikerpersönlichkeiten wie Johann Sebastian Bach oder Georg Friedrich Händel gewirkt haben. Und eben so soll die Orgel auch klingen, wenn man schon einen Prospekt aus dieser Zeit besitzt. Also werden die Pfeifen verändert, man kürzt, man drückt, man schneidet hier und lötet da, ganze Register werden ersetzt oder umintoniert, bis man glaubt, den entsprechenden Klang gefunden zu haben. Die Vorstellung der Menschen vor 80 Jahren war eben so, dass man sich der neuen Strömung, die man später Orgelbewegung nenne sollte, unbedingt anschließen wollte.
Durch einen glücklichen Umstand, nämlich eine großzügige Spende, konnte 1991 das Pfeifenwerk durch die Firma Hammer gesichert sowie die Balganlage und Spielmechanik mit den Kegelladen vorerst instandgesetzt werden. Ein Täfelchen erinnert daran.
1905 erbaut als op. 935 von Wilhelm Sauer
*23. März 1831 in Schönbeck bei Friedland
† 9. April 1916 in Frankfurt/Oder
1934 umgesetzt und umintoniert von Oscar Walcker
*1869
† 1948
... Informationen zur St. Marienkirche Friedland finden Sie hier.
Barockprospekt von David Baumann 1744
Hauptwerk 1. Manual
Gemshorn 8′
Flut. Harm. 8′
Prinzipal 8′
Rohrflöte 4′
Oktave 4′
Superoktave 2′
Quinte 2 2/3′
Bordun 16′
Kornett 3-5f.
Mixtur 4f.
Trompete 8′
Koppeln 3-1/2-1
Oberwerk 2. Manual
Salicional 8′
Großgedackt 8′
Quintatön 8′
Blockflöte 4′
Prestant 4′
Prinzipal 2′
Nasard 2 2/3′
Terz 1 3/5′
Sifflöte 1′
Cymbel 3f.
Krumhorn 8′
Koppel 3-2
Schwellwerk 3. Manual
Aeoline 8′
Soloflöte 8′
Geigenprinzipal 8′
Fernflöte 4′
Fugara 4′
Piccelflöte 2′
Larigot 1 1/3′
Liebl. Gedeckt 16′
Scharff 4f.
Horn-Oboe 8′
Regal 4′
Pedalwerk
Subbass 16′
Prinzipalbass 16′
Bassflöte 8′
Oktavbass 8′
Choralbass 4′
Nachthorn 2′
Rauschpfeife 2f.
Posaune 16′
Koppel 1-P/2-P/3-P
Manualumfänge C-g3
Pedalumfang C-f1
So ist es bis heute. Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend: die Orgel kann den großen Raum der Marienkirche nicht füllen.
Von den Maßnahmen vor 20 Jahren ausgenommen waren der Spieltisch und der Prospekt. Auch eine konsequente Untersuchung des Instruments auf Spuren von Sauer und Walcker, um dahingehend restauratorisch zu arbeiten, hat damals nicht stattgefunden. Daneben ist es durch die in mehreren Abschnitten stattfindenden, der Sicherung dienenden Gewölbearbeiten, denen ein kompletter Innenanstrich im Sinne des 18. Jahrhunderts folgte, zu erheblichen Verschmutzungen des Instruments gekommen. In den Pfeifen sammelt sich Baustaub, Schuttpartikel setzen sich in der ganzen Orgel fest. Durch die löchrigen Fenster war der ganze Orgelkomplex erheblichen Feuchtigkeits- und Witterungsschwankungen ausgesetzt. Die Spielanlage, seit nunmehr einem Dreivierteljahrhundert ununterbrochen in Betrieb und von Generationen von Organisten bearbeitet, ist unzuverlässig, marode und von Ausfällen gezeichnet.
Der Holzwurm hat sich in sämtlichen hölzernen Partien eingenistet und bedroht akut insbesondere den Spieltisch und die Spielanlage. Es grenzt an ein Wunder, dass die Orgel bis heute erklingt und mehrmals in der Woche die Herzen der Zuhörer mit ihren Klängen erreicht.
Eine Rekonstruktion der Sauerorgel, die in dieser Größe und der Kombination aus Barockprospekt und romantisch disponiertem Orgelwerk einmalig ist im gesamten norddeutschen Raum, ist unbedingt erforderlich.
Der Erhalt des Instruments ist für die Kirchengemeinde und das kulturelle Leben der Region von größter Wichtigkeit. Neben Konzerten ist die Orgel nach wie vor liturgisches Instrument der feiernden Gemeinde und in somit stetem Gebrauch. Nach dem Abschluss der Bauarbeiten in der Marienkirche wird auf dieses Projekt hingearbeitet werden. Dabei wird das Klangvolumen an den gewaltigen Raum angepasst, sauertypische Register rekonstruiert werden. Auf die Kirchengemeinde kommen damit erhebliche Kosten und finanzielle Risiken zu. Diese zu tragen und den Fortbestand der Orgel für die kommenden Jahrzehnte zu sichern, dabei können Sie uns helfen.
Pastorin Ruthild Pell-John
Mühlenstraße 89
17098 Friedland
Tel. 039601-20480
Sigrid Sorgert (Gemeindebüro)
Riemannstraße 20
17098 Friedland
Tel. 039601-30303
dienstags bis freitags,
10.30–12.00 Uhr und 14.30–16.00 Uhr
(von Juni bis Anfang September)
Kirchengemeinde St. Marien Friedland
Raiffeisenbank Mecklenburger Seenplatte
IBAN DE73150616180001714856
BIC GENODEF1WRN
Verwendungszweck: St. Marienkirche Friedland - Orgel